Dayton erscheint stets pünktlich zur Arbeit, immer perfekt organisiert, stets bereit, Überstunden zu machen. Empfangschef, Kellner und Reinigungskraft ohne Fehl und Tadel. Mitarbeiter des Monats. Aber Dayton hat eine verborgene Seite. Eine perverse, schmutzige Seite voller dunkler und gefährlicher Fantasien, die nie ans Tageslicht gelangen dürfen.
Er gibt sich seinem Drang zur Unterwerfung nur auf eine einzige Weise hin: seit drei Jahren schreibt Briefe darüber an Max. Wegen dreifachen Mordes zu lebenslanger Haft verurteilt und ohne Chance, je wieder auf freien Fuß zu kommen, ist Max das sicherste Ventil für Daytons frustrierte Fantasien.
Aber Max kommt aus dem Gefängnis. Er findet Dayton. Und er gibt sich nicht mit weniger zufrieden, als dem, was ihm in den Briefen versprochen wurde. Zu dumm, dass Dayton nicht einmal ansatzweise bereit ist, Max’ Verlangen nachzugeben. Oder seinem eigenen, was das betrifft.
Themen: Ex-Häftling, sexuelle Fantasien, Rollenspiele, Bondage, Dirty Talk, Schikane, Hotelszene
Genre: zeitgenössische homoerotische Literatur, erotische Liebesgeschichte (abgeschlossener Roman)
WARNUNG: Für Erwachsene. Enthält mögliche Tabuthemen, sexuelle Szenen und Kraftausdrücke, die möglicherweise das sittliche Empfinden der Leser verletzen könnten.
Dayton zog seine Schuhe aus und kickte sie zur Seite, sobald er durch die Tür war. Dann bückte er sich, um seinen Siamkater Cinnamon zu begrüßen, der sich langsam und genüsslich an seinem Schienbein rieb.
„Hey, Süßer. Daddy ist zuhause. Ja, das ist er. Hast du Hunger? Ich wette, du hast Hunger“, flötete er lächelnd. Er freute sich schon darauf, sich hinzusetzen und eine weitere Folge des abendlichen Unterhaltungsprogramms zu genießen, kostenlos geliefert vom River Inn, wo er lebte und arbeitete.
Gefolgt von seinem maunzenden Mitbewohner begab er sich zu der kleinen Küchenzeile unter dem Fenster. „Ich weiß. Aber ich konnte nicht früher Feierabend machen. Ja, Vanessa hat sich mir gegenüber wie eine Zicke aufgeführt und mich einfach nicht gehen lassen. Was? Es ist nicht meine Aufgabe, für die Gäste die Betten zu machen?“ Er öffnete den winzigen Kühlschrank unter der Arbeitsplatte und holte eine geöffnete Dose Katzenfutter heraus. „Genau. Aber siehst du, Vanessa will nur für Dayton, den Rezeptionisten Gehalt zahlen, will aber trotzdem auch Dayton, den Bettenmacher und Dayton, den Kellner haben. Sie sollte mir das Dreifache zahlen, stimmt’s?“ Er bückte sich zu der kleinen Schale auf dem Boden und streichelte seinem eindeutig verhungerndem Kater den Rücken, während der sich über die Fleischbrocken in Gelee hermachte. „Tja, Süßer, das wird im River Inn nicht passieren, soviel steht fest.“
Dayton streckte sich und grub seine Zehen in den alten Teppich. Der Geschirrschrank war wieder verrutscht und verspottete ihn nun in seiner ganzen, schief hängenden Pracht. Er fluchte vor sich hin und ärgerte sich erneut, dass in diesem gottverdammten Zimmer nichts so funktionierte, wie es sollte. Das Zimmer mit Bad, das Vanessa ihm zugewiesen hatte, gehörte zugegeben zu den übelsten des Hotels – die Aussicht auf die Baumreihe in der Ferne war nett, der Blick auf die Sammlung von Mülleimern in unmittelbarer Nähe eher nicht. Wenigstens ließ sich das Zimmer abschließen, und er hielt es sauber. Aber einige der Schäden, die seine früheren Bewohner angerichtet hatten, und der Schimmel, den er unentwegt bekämpfte, ließen sich einfach nicht mit Billig-Putzmitteln beseitigen.
Er wollte gerade in der Mikrowelle etwas Wasser für einen Kaffee erhitzen, als sein Blick auf die Spüle fiel. Er hielt inne, als er das schmutzige Geschirr sah, das sich darin befand. Er hätte schwören können, dass er nach dem Frühstück alles abgewaschen hatte. Aber andererseits war er auch sehr in Eile gewesen, nachdem Vanessa ihn an seinem freien Tag zum Dienst beordert hatte. Also ja, vielleicht hatte er das Geschirr einfach in der Spüle stehen lassen. Das konnte schon sein.
Er nahm seine Krawatte mit dem River Inn-Logo ab und warf sie auf den Armsessel, der neben seinem Bett stand. Er hasste ihre senfgelbe Farbe, die sich so sehr mit seinen roten Haaren biss, dass er es vermied, während seines Arbeitstages in irgendwelche Spiegel zu schauen. Wenigstens war das weiße Hemd schlicht genug, um ihn nicht wie einen Volltrottel aussehen zu lassen. Die gelbe Schürze wiederum, die er trug, wenn er im Restaurant kellnerte, war eine ganz andere Geschichte.
Er hatte aus der Küche des Gasthauses ein paar Marshmallows mitgenommen, die sonst weggeworfen worden wären und die er sich nun in den Mund stopfte, während er ins Bad trottete. Dayton schaltete das Licht an und erstarrte, als er nach unten sah und die frischen Wassertropfen im Waschbecken entdeckte.
Dayton holte tief Luft. In seinem Kopf überschlugen sich die Gedanken bei der Möglichkeit, dass jemand – Vanessa? Putzkraft Rudy? – ohne Erlaubnis sein Zimmer betreten hatte. Er hielt sein Zimmer selbst sauber, es gab also keinen Grund, warum andere Leute uneingeladen hier hereinkommen sollten.
Sein Herz schlug aufgebracht über diese Unverschämtheit, und dann blieb es beinahe stehen, als hinter ihm die Ringe des Duschvorhangs klapperten. Er zuckte zusammen und trat einen Schritt zurück, wobei er sich schmerzhaft die Hüfte am Waschbecken anstieß.
Die gigantischen Gestalt eines Mannes füllte beinahe die komplette Duschkabine aus. Sein Hals war doppelt so dick wie Daytons, seine Schultern und die Brust muskulös und kräftig. Aber es war die schwarze Skimaske über seinem Gesicht, die Dayton seiner Fähigkeit beraubte, klar zu denken.
Sämtliches Blut wich aus seinem Gesicht. Er machte einen weiteren Rückwärtsschritt und schrie los, noch bevor er seine Beine dazu bringen konnte, zur Tür zu rennen. Der Eindringling packte ihn im Nacken. Eine kräftige Hand legte sich vor Daytons Mund wie ein warmes, salziges Siegel. Dayton erschauerte am ganzen Körper, und er versuchte erfolglos, sich gegen den Fremden zu stemmen. Er hatte gegen die überlegene Körperkraft des Mannes nicht die geringste Chance. Warum passierte ihm das überhaupt? Er besaß nichts von materiellem Wert.
Hatten Greg und seinen Freunde vielleicht Langeweile bekommen und in Gegenwart von zweifelhafter Gesellschaft ein Wort zu viel gesagt?
„Wenn du noch einmal schreist, schneide ich dir die Zunge heraus“, flüsterte der Mann mit rauer Stimme, während er sich an Daytons Rücken presste und ihn aus dem Badezimmer zerrte. Der Südstaatenakzent des Mannes war absolut fremd für Daytons Ohren und warf in seinem Kopf nur noch mehr Fragen auf.
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